Quiet Firing - auch Führungskräfte können Mobbing
In einem unserer letzten Gespräche hat Michael folgendes geäußert: schon länger beobachtet er bei seinem direkten Vorgesetzten, dass dieser ihm aus dem Weg geht. Mitarbeiter-Gespräche werden abgesagt, es findet kein konstruktiver Austausch mehr statt und vor allem gibt es nur noch Routine- und Standard-Aufgaben für Michael. Zunächst war er erleichtert, da er endlich seine "Arbeitsberge" abbauen konnte, dann jedoch wurde Michael unsicher. Er fragte sich: "Ist das nun Methode? Warum meidet mich mein Chef? Habe ich etwas falsch gemacht? Warum sagt er es mir denn nicht direkt?"
Ganz offensichtlich verdeutlicht wurde Michael das schädigende Verhalten des Vorgesetzten, als ein neues Projekt, das fachlich in Michaels Aufgabenbereich fallen würde, an einen anderen Kollegen vergeben wurde. Michael fühlt sich nun ausgegrenzt, nicht mehr geschätzt und hilflos. Wie soll er das handhaben?
Grundsätzlich ist es eine sehr knifflige Situation, wenn Du Dich von Deiner Führungskraft nicht mehr wertgeschätzt fühlen kannst. Automatisch fragst Du Dich:
- Wieso macht meine Leitung das? Ist sie unzufrieden mit meiner Leistung oder mir?
- Oder übertreibe ich vielleicht? Sehe ich das Ganze zu dramatisch?
- Habe ich sogar Schuld an der Situation, weil ich meine Arbeit schlecht erledige?
- Was läuft hier insgesamt schief?
Dieses Phänomen (unterschwelliges Schikanieren durch die Leitung) ist nicht neu - schon immer gab es verdeckte Konflikte zwischen Führung und Mitarbeitenden, die auf diese Weise vorangetrieben worden sind. Heutzutage allerdings hat sich das Bewusstsein der Arbeitnehmenden und ihre Bereitschaft, Misstände klar zu benennen, nochmals verändert. So wurde - als Gegenstück zum Quiet Quitting (siehe Blog) - der Begriff des Quiet Firing geprägt. Ziel dieses subtilen Mobbings ist es häufig, Mitarbeitende zur Eigen-Kündigung zu treiben und letztendlich den Kündigungschutz zu umgehen.
Als Betroffene*r mit Quiet Firing lösungsorientiert umzugehen, ist immer eine Herausforderung. Du brauchst Durchhaltevermögen und viel Eigenschutz, um die versteckten Schikanen auszuhalten, Dich nicht ständig selbst in Frage zu stellen und Mut für weitere Schritte zu finden.
Das wären zum Beispiel:
- klar abwägen, wie viel psychische Belastung Du aushalten kannst und willst
- ein offenes Gespräch mit der Führungskraft suchen, um Verbesserungsmöglichkeiten zu eruieren
- wenn dies nicht fruchtet, mit der nächsthöheren Kraft sprechen
- Dir Unterstützung im Team, HR oder Betriebsrat holen (mögliches Ziel: Aufhebungsvertrag?)
- ungerechtfertige Aktionen sofort dokumentieren (Erinnerung verändert sich)
- Dich parallel beruflich neu sortieren - sofern es Deine Lebensumstände zulassen
Genau für solche Situationen wünsche ich Dir eine Person daheim, am Arbeitsplatz oder eine professionelle Unterstützung, auf die Du Dich verlassen und die Du kontaktieren kannst. Dann könntest Du Dich sicher fühlen und an Deinen Herausforderungen arbeiten.
Falls Du ähnliche Situationen kennst oder sogar erlebt hast, bitte ich Dich um Dein Feedback, gern über Instagram oder per mail!
Herzliche Grüße
Deine Stefanie